Atem-Übung 12

Die Beweg­lich­keit unse­rer Gelen­ke – Grund­la­ge für die Über­tra­gung unse­rer Atem­be­we­gung im Körper

Wir sit­zen, las­sen uns tra­gen. Der Boden schmiegt sich an unse­re Füße an, die Sitz­un­ter­la­ge an unse­re Sitz­kno­chen, wir las­sen uns auf­rich­ten und genie­ßen unse­ren getra­ge­nen Sitz.

Dann wen­den wir uns unse­ren Hän­den zu. Jeder ein­zel­ne Fin­ger beginnt sich zu bewe­gen, alle Fin­ger gleich­zei­tig, ermög­licht durch die vie­len klei­nen Gelen­ke unse­rer Hän­de. Wir schau­en unse­re Hän­de dabei an, ent­de­cken sie neu wie ein Baby im Kin­der­wa­gen das beginnt sich kennenzulernen.

Nach und nach begin­nen auch unse­re Hand­ge­len­ke sich mit klei­nen krei­sen­den Bewe­gun­gen mit­zu­be­we­gen. Die Ellen­bo­gen­ge­len­ke kom­men dazu. Die bei­den Schul­ter­ge­len­ke schlie­ßen sich an. Wir müs­sen nicht über­le­gen, wann, wie, wo, was. Der gan­ze Vor­gang hat nichts Fest­ge­leg­tes, kei­ne vor­ge­schrie­be­ne Form, ist leicht.

Sehr orga­nisch ent­wi­ckelt sich eine Viel­falt von klei­nen bis hin zu aus­la­den­den Bewe­gun­gen, die alle Gelen­ke gleich­zei­tig erfasst, vom ein­zel­nen Fin­ger bis in die Schul­ter­ge­len­ke … wenn wir die­se Bewe­gun­gen zulas­sen kön­nen. Das Zulas­sen betrift auch unse­ren Atem der unser „Bewegt­wer­den“ auf selbst­ver­ständ­li­che Art und Wei­se begleitet

In die­sem Pro­zess des Zulas­sens kön­nen wir wahr­neh­men, wie sich die gelen­ki­gen Bewe­gun­gen der bei­den Arme begin­nen im gan­zen Kör­per fort­zu­set­zen. Da ent­ste­hen auf ein­mal klei­ne Mit­be­we­gun­gen der Wir­bel­säu­le, sie kön­nen in der Brust­wir­bel­säu­le anfan­gen, set­zen sich über die Hals­wir­bel­säu­le bis in fei­ne Kopf­mit­be­we­gun­gen fort, erfas­sen auch die Len­den­wir­bel­säu­le bis wir schließ­lich im gan­zen Rumpf weich bewegt werden.

Dann ist der Zeit­punkt gekom­men wenn wir, ohne die­se flie­ßen­de Bewe­gung zu unter­bre­chen, vom Sit­zen ins Ste­hen wech­seln. In die­sem Schrift geschieht wie­der was Neu­es. Wir wer­den auf­merk­sam dafür, dass sich auch die unte­ren „Tore“, Hüft‑, Knie- und Fuß­ge­len­ke, mit­be­we­gen möch­ten. Jetzt kön­nen auch klei­ne Dre­hun­gen ent­ste­hen, hal­be Schrit­te, mal zur Sei­te, nach vor­ne, nach hin­ten. Es fühlt sich an als ob wir nichts ent­schei­den müss­ten, es geschieht uns, wir wer­den zu beweg­tem Atemleib.

Über unser Emp­fin­dungs­be­wusst­sein kön­nen wir die­se neue wesent­li­che Qua­li­tät unse­rer Bewe­gun­gen wahr­neh­men: Nicht wir bewe­gen uns, son­dern wir wer­den immer mehr von unse­rer inne­ren Atem­be­we­gung bewegt.

Vor­aus­set­zung dazu ist die zuneh­men­de „Balan­ce zwi­schen Tun und Las­sen“, die sowohl unse­re Hin­ga­be braucht wie auch unse­re Anwe­sen­heit im Ganzen.

Unse­re Tore öff­nen sich für unse­ren beweg­ten Atem, wir sind durch­läs­sig und bereit für den Fluss und die Fül­le des Lebens.

Womög­lich brau­chen wir auch wie­der ein Quänt­chen Geduld für die vie­len Übergänge.

Ich wün­sche euch freu­di­ges Ent­de­cken
Ger­trud

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