Liebe Atemfreundinnen und Atemfreunde,
hier kommt sie, die Nummer 13, mein letzter Corona Atembrief, ich befinde mich im Übergang und bin wieder in der Atempraxis direkt für euch erreichbar.
Perspektiven
Zeit zur Reflektion über die besondere Zeit die wir durchlebt und durchatmet haben, mit dem Blick auf die Zeit die war, dem Blick auf das Jetzt und dem Blick nach vorne, auf die kommende Zeit.
Aus der Atemarbeit kennen wir das Glück und die Leichtigkeit wenn der Atemrhythmus im Fluss und jeder Atemzug neu ist. Heraklit sprach von “panta rhei” (“Alles fleißt”). Wenn wir uns gegen die Veränderung des Lebens verschließen und das Zulassen des Atems vermeiden, geht der natürliche Fluss unseres Atems verloren. Wir verlieren unser inneres Gleichgewicht, kompensieren mit Anstrengung, sind zunehmend gestresst und es kommt zur Stagnation auf allen Ebenen.
Wir könnten die Zeit des Übergangs und Nichtwissens sehr gut dazu nutzen, rückwirkend zu verstehen was Sinn geben könnte, zu erkennen, was in unserem Leben gerade geschieht und zu entscheiden, was davon wir für die Zukunft nutzen und aktiv gestaltend in unser Leben einbringen können.
Anregungen dazu findet ihr u.a. auf der Seite des Goethe Instituts. Es bietet bereits seit Ende März das Portal “Danachgedanken ↗” an, mit vielfältigen Beiträgen von Intellektuellen und Kulturschaffenden aller Kontinente.
John Neumeier, Choreograf und Leiter des Hamburger Ballets erinnert uns im Interview im Tagesspiegel vom 27. Mai 2020. “Das Wesentliche ist der Mensch” an die Bedeutung der Unmittelbarkeit, denn das was passiert, “ passiert jetzt und ist in dieser Form noch nie passiert – und wird so auch nie wieder passieren”.
Genauso ist jeder Atemzug jetzt und einzigartig, er unterscheidet sich von dem vorhergehenden und ist vollkommen neu im darauffolgenden. Wenn wir diese Qualität erfahren können, werden wir verarbeiten und bewältigen, was immer uns geschieht.Wir verfügen dann über ein Lebensgefühl der Kohärenz. So hat es der Arzt Aaron Antonowsky (1923–1994) genannt der darüber geforscht hat was uns weniger krank und schneller gesund werden lässt (s. dazu Ruediger Dahlke “Das Alter als Geschenk”).
Abschließend möchte ich Cornelius Veening (1895–1976), den Lehrer von Ilse Middendorf, zu Wort kommen lassen: “Die Atemarbeit, wie ich sie sehe, enthält die folgenden Elemente: Atmung, Bewegung und Ton – und eine psychologische Orientierung. Man kann die Frage stellen: Ist es Yoga? Die Antwort ist Nein! Ist die Bewegung Gymnastik? Nein! Oder: Ist die Tonarbeit Stimmtechnik? Nein! Gemeint ist immer ein Sich-Kennenlernen, ein Sich-Erfahren, und zwar in der Schicht, wo es verpflichtet. Dazu muss es jedoch persönlich erlebt werden” als Atemübung dieser Woche: die Kosmische Übung
PS: Für die Bob Dylan Fans unter euch, auch passend zum Thema: das neue Album des 79jährigen Bob Dylan, “Rough and Rowdy Ways” ↗ auf dem er das Ende der Welt, wie wir sie kannten, besingt.
Ich hatte große Freude daran, euch meine Lebenszeichen aus der Atempraxis zu schicken und auf diese Art im atmenden Kontakt mit euch sein zu können. Jetzt freue ich mich schon auf den unmittelbaren Kontakt mit euch, sobald ihr ihn wieder angstfrei für möglich haltet.
Eure Atemlehrerin Gertrud