Liebe Atemfreundinnen und Atemfreunde,
“Bloß raus hier” titelt der Journalist Andreas Sentker seinen Artikel in der letzten Ausgabe der ZEIT, über einen Weg der 7 Schritte die aus der Corona Krise führen und meint sogar, dass die Politik manchmal den zweiten Schritt vor dem ersten tun und “springen” müsste?
Alle die schon mal “Kleine Schritte” (siehe Atem-Übung 1 ↗) geübt haben, bzw. gerade dabei sind sie zu gehen, wissen, dass der zweite vor dem ersten Schritt unmöglich ist, und selbst mit 7 Schritten nicht viel getan ist. Kein Fluss der Bewegung will sich nach sieben Schritten einstellen und schon gar kein Atemfluss.Beim Ausstieg aus der Corona Zeit ist unsere Geduld gefragt, es wird wohl eher ein langsamer Weg werden, ein Weg der Kleinen Schritte. Was können wir als Atemerfahrene doch für ein Füllhorn mit lebenswichtigen Erfahrungen auf unserem AtemWeg sammeln, jede einzelne krisengeeignet und so unglaublich hilfreich in Zeiten wie diesen:
Da ist das Wackelige, die Unsicherheit der ersten Schritte, wenn die Gelenke fest sind, das sich Tragen lassen nicht selbstverständlich zur Verfügung steht, und wir uns nur unbeholfen weiter bewegen können. Es dauert bis wir in Fluss kommen. Ehrliches Interesse und Dranbleiben sind gefragt damit es weitergeht.
Neue Wege entstehen beim Gehen, und solange wir gehen geht es voran … In diesem sich entwickelnden Fluss sind unsere Schritte mal tastend, mal dynamisch, wir verweilen zwischendurch schon mal länger an einem Standort, dabei ganz fein um unsere Balance schwingend. Dann setzen wir wieder sorgfältig den nächsten Schritt. Neue Schritte entstehen aus dem vorherigen und dabei entwickelt sich ganz kreatürlich ein neuer Weg – ein AtemWeg. Ein Weg auf dem sich unsere innere Atemsubstanz bildet und unsere Widerstandskraft gestärkt wird. Wir können Hürden und Krisen bewältigen ohne dass wir unseren Atem anhalten und innerlich verhärten. Psychologie und Medizin nennen diese Kraft und seelische Beweglichkeit Resilienz.Wenn diese innere Substanz stabil ist, werden wir damit beginnen, die Chancen zur Veränderung und Weiterentwicklung zu nutzen.
Diese Entwicklung kann sich sowohl in unserem kreativen Ausdruck zeigen als auch im Engagement in unserem jeweiligen Wirkungsfeld.Wenn unsere Welt nach der Corona Krise eine andere werden soll, braucht es sehr viele Menschen die ihre persönlichen Kleinen Schritte gegangen sind, zu einer neuen Balance gefunden haben und diese Kräfte in die Welt einbringen.
Zum Abschluss lass ich die Schauspielerin Angela Winkler sprechen (aus einem meiner derzeitigen Lieblingsbücher “Mein blaues Zimmer”): Sie versucht, “wahr und einfach zu sein” in ihrem Beruf (S. 76) und lehnt es ab, “perfekt” zu sein. Sie will sich “nicht aus der Ruhe bringen lassen durch irgendeinen Ehrgeiz” und will “nichts beweisen müssen”. (S. 201) Und sie erinnert sich an einen Satz des Regisseurs Klaus Michael Grüber, dass sie “Die Worte Perle an Perle reihen” sollte. Mich erinnert sie an das “Zulassen” im Erfahrbaren Atem.
PS: Als Atemübung der Woche schlage ich euch eine Balanceübung im Stehen vor, sie ist eine gute Unterstützung für die vielen Kleinen Schritten auf eurem aktuellen AtemWeg.
PPS: Und noch ein Musiktipp: Sei klug und halte dich an Wunder schreibt Mascha Kaleko in einem ihrer Gedichte die die Berliner Liedermacherin Dota Kehr auf ihrem aktuellen Album vertont hat. Auch die alten Herren Konstantin Wecker und Hannes Wader sind darauf zu hören.
PPPS: Wo geht Ihr eigentlich eure Kleinen Schritte, meine führen mich heute durch den Grunewald. Ich wünsche euch viel Freude und einen lebendigen Atem in eurer bewegten Balance.
Gertrud